Verweigerung der zahlung durch den auftraggeber
a3BAU Ausgabe 5/2011:
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Auftraggeber die Zahlung des (restlichen) Werklohns verweigern darf, spielt in der Praxis eine große Rolle. In diesem Zusammenhang gibt es zwei Detailprobleme, die eine nähere Betrachtung verdienen.
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Die Gesamtauftragssumme des zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer abgeschlossenen Werkvertrages beläuft sich auf eine Million Euro. Der Auftraggeber hat die Teilrechnungen des Auftragnehmers bezahlt. Gemäß der vom Auftragnehmer gelegten Schlussrechnung haften noch 100.000 Euro an restlichem Werklohn aus. Dessen Bezahlung verweigert der Auftraggeber mit der Begründung, dass das Gewerk des Auftragnehmers mit Mängeln behaftet ist. Der Aufwand zur Behebung der offenen Mängel beläuft sich auf 10.000 Euro. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob der Auftraggeber den gesamten noch offenen Werklohn (100.000 Euro) oder nur das zur Mängelbehebung notwendige Deckungskapital (10.000 Euro) zurückbehalten darf.
Nach ständiger Rechtssprechung ist der Auftraggeber berechtigt, den gesamten noch ausständigen Werklohn zurück zu behalten; dies wird auch dann als zulässig angesehen, wenn die Mängel gering sind oder wenn die Behebung der verbliebenen Mängel einen im Vergleich zum restlich aushaftenden Werklohn geringen Kosten-
aufwand erfordert. Der OGH begründet diese Rechtssprechung damit, dass nur dadurch erreicht werden könne, dass der Auftragnehmer die Verbesserung der aushaftenden Mängel tatsächlich durchführt. Der Auftraggeber soll davor bewahrt werden, selbst durch Abschluss von Verträgen mit Drittunternehmen die Verbesserung durchzuführen bzw. zu veranlassen.
Dieses Zurückbehaltungsrecht findet seine Grenze lediglich in der sogenannten Schikane. In der Rechtssprechung wird immer wieder betont, dass es bei der Frage, ob Schikane vorliegt, auf die Umstände des Einzelfalles ankomme und keine fixe Prozentgrenze im Verhältnis zwischen restlich aushaftendem Werklohn und Verbesserungsaufwand bestehe. Dennoch kann nach Analyse der vorliegenden Judikatur davon ausgegangen werden, dass Schikane vorliegt, wenn die Mängelbehebungskosten weniger als fünf Prozent der restlich aushaftenden Werklohnforderung betragen. Diese fünf Prozent bilden jedenfalls eine grobe Richtschnur.
In diesem Zusammenhang interessieren zwei Detailfragen:
Besteht das Zurückbehaltungsrecht des Auftraggebers auch dann, wenn zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ein Haftrücklass vereinbart worden ist? Hiezu hat der OGH judiziert, dass mangels anderweitiger vertraglicher Vereinbarung der Auftraggeber seines Rechtes, die mangelhafte Erfüllung des Vertrages einzuwenden nicht verlustig werde und trotz Vereinbarung eines Haftrücklasses die Zahlung des (restlichen) Werklohnes verweigern dürfe.
In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird dieses Zurückbehaltungsrecht des Auftraggebers insofern eingeschränkt, als dieser den Werklohn nur bis zur Behebung jener Mängel zurückbehalten darf, die zum Zeitpunkt der Übernahme vom Auftraggeber gerügt wurden. Wenn also der Auftraggeber beispielsweise Monate nach der Übernahme neue Mängel behauptet, dann berechtigt ihn diese Behauptung nicht, den restlich aushaftenden Werklohn zurück zu behalten. Diese in der rechtswissenschaftlichen Literatur geäußerte Meinung wurde vom OGH – soweit ersichtlich – bis dato nicht bestätigt.
Im Zusammenhang mit dem Einwand der mangelnden Fälligkeit stellt sich häufig ein weiteres Problem:
Der Auftragnehmer verletzt anlässlich der Herstellung seines Gewerkes vertragliche Schutzpflichten, in dem er beispielsweise am Objekt des Auftraggebers Schäden verursacht. Beispiel: Der Auftragnehmer führt Spenglerarbeiten unsachgemäß durch und beschädigt dadurch das Dach eines Carports des Auftraggebers. Fraglich ist, ob der Auftraggeber auch in diesem Fall den offenen Werklohn unter Berufung auf die an seinem Eigentum verursachten Schaden durch den Auftragnehmer zurückhalten darf. Zu dieser Problematik gibt es eine gesicherte Rechtssprechung. Der OGH betont, dass der Auftraggeber den Werklohn nicht zurückhalten kann, wenn der Auftragnehmer in Verletzung vertraglicher Schutzpflichten Begleitschäden am Eigentum des Auftraggebers verursacht. Richtigerweise sind derartige Schäden nicht als Mängel des erbrachten Werkes, sondern als Begleitschäden zu betrachten. Der Werkbesteller (Auftraggeber) darf den Werklohn wegen Mangelfolgeschäden, die nicht zum Werk selbst gehören und vom Werkunternehmer nur wegen Verletzung seiner vertraglichen Schutzpflicht zu tragen sind, nicht zurückbehalten.