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(Bau) Werkverträge

Aus mangel an beweisen

 

a3BAU Ausgabe 11-12/2011: 

In einer rezenten Entscheidung hatte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit der Frage zu beschäftigen, wen (Auftraggeber oder Auftragnehmer) die Beweislast für einen am Vertragsgegenstand aufgetretenen Mangel trifft. Die Entscheidung brachte eine wünschenswerte Klarstellung, die die Bauwirtschaft freuen sollte.

 

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Erstpublikation in: a3BAU Ausgabe 11-12/2011
(Bau) Werkverträge - Aus Mangel an Beweisen erschien erstmalig in dem Magazin "a3BAU".
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Zunächst zum Sachverhalt, mit dem sich die Gerichte zu beschäftigen hatten: Der Kläger kaufte vom Beklagten eine Wohnung in der von diesem als Bauträger errichten Wohnanlage. Das im Auftrag des Bauträgers tätige Installationsunternehmen hatte hinsichtlich der Wasserinstallationen die Zuleitungen zur Wohnung des Klägers bereits verlegt. Die weiteren Installationsarbeiten wurden von einem Installationsunternehmen besorgt, das der Kläger direkt beauftragt hatte. Dieses Installationsunternehmen entfernte verlegte Leitungen wieder, änderte teilweise die Anordnung von Waschbecken, Badewanne und WC und installierte ein Pissoir. Ca. vier Monate nach Übergabe der Wohnung an den Kläger wurden in der darunter liegenden Wohnungen Wasserflecken sichtbar, zwei Wochen später traten auch in der Wohnung des Klägers selbst Feuchtigkeitsspuren auf. Mangels Einigung in Güte klagte der Wohnungskäufer den Bauträger auf Ersatz der Schadensbehebungskosten aus dem Titel der Gewährleistung. Der Kläger stützte sich dabei auf § 924 ABGB. Nach dieser Regelung leistet der Werkunternehmer Gewähr für Mängel, die bei der Übergabe vorhanden sind. Dies wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, wenn der Mangel innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe hervorkommt. 

 

Da im gegenständlichen Fall die Wasserschäden innerhalb von vier Monaten nach Übergabe der Wohnung aufgetreten waren, wähnte sich der Käufer offenbar in Sicherheit, weil er der Meinung war, die Beweislastumkehr des § 924 ABGB nehme ihm die Beweislast hinsichtlich der Mangelhaftigkeit ab. Der Kläger argumentierte, dass der Wasserschaden innerhalb der 6-Monats-Frist des § 924 ABGB aufgetreten sei. Ursächlich für den Wasserschaden sei eine Undichtheit des Daches bzw. am Kamin. Der beklagte Bauträger wendete ein, der Schaden sei auf einen Mangel der vom Kläger selbst beauftragten Sanitärinstallationen zurück zu führen. 

 

Erstentscheidung

Ganz im Sinne des Klägers urteilte zunächst das Erstgericht. Es stellte fest, dass die Ursache für den Wasserschaden nicht feststellbar sei. Da der Mangel selbst bewiesen und innerhalb der sechsmonatigen Vermutungsfrist des § 924 ABGB aufgetreten sei und der Beklagte nicht nachgewiesen habe, dass der Mangel erst nach der Übergabe eingetreten sei, habe er (der Beklagte) für den Schaden einzustehen. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und wies die Klage ab. Die vom klagenden Wohnungskäufer erhobene Revision erwies sich als nicht berechtigt. 

 

Der Kläger argumentierte in seine Revision, dass der Wasserschaden zwangsläufig einen Mangel darstelle. Eine Eigentumswohnung, in der Teile des Mauerwerkes und der Fußbodenkonstruktion durchnässt seien, sei mangelhaft. Ebenso habe er bewiesen, dass der Mangel innerhalb der gesetzlichen Vermutungsfrist des § 924 ABGB aufgetreten sei. Der Beklagte habe den Gegenbeweis nicht erbringen können. 

 

Getrennte Vertragsverhältnisse

Der OGH ließ sich von der Argumentation des Klägers nicht beeindrucken: Im vorliegenden Fall lägen zwei von einander getrennte Vertragsverhältnisse und Leistungen vor. Der Bauträger hatte sich zur Übergabe der Wohnung verpflichtet, der Kläger aber hatte seinerseits Installationen selbst in Auftrag gegeben. § 924 ABGB knüpfe zwar an den Begriff der „Übergabe“ an, beziehe diese aber auf die vertraglich geschuldete Leistung, also den Vertragsgegenstand. Im Verhältnis zwischen den Parteien war Vertragsgegenstand die Wohnung mit Ausnahme der vom Kläger selbst beauftragten Installationsarbeiten. Der Kläger musste sohin beweisen, dass der zum Wasserschaden führende Mangel diesen Vertragsgegenstand (also die Wohnung) betrifft. Diesen Beweis konnte der Kläger allerdings nicht erbringen, sodass die Vermutung der Mangelhaftigkeit schon bei der Übergabe im vorliegenden Fall nicht greifen konnte. 

 

Anders formuliert: § 924 ABGB betrifft nur die Vermutung des Zeitpunktes der Mangelhaftigkeit, nicht aber der Mangelhaftigkeit an sich. Die Beweislast, dass ein Gewerk mangelhaft ist, bleibt sohin trotz der in § 924 ABGB aufgestellten Vermutung beim Werkbesteller. Nur wenn es ihm gelingt zu beweisen, dass das Gewerk an einem Mangel leidet, kommt die Vermutung des § 924 ABGB ins Spiel, wonach der Mangel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war.

 

Die rezente Entscheidung des OGH zeigt, wie zweischneidig es aus der Sicht des Auftraggebers ist, im Rahmen eines Bauträgervertrages gesondert direkte Aufträge an diverse Professionisten zu erteilen. In einem solchen Fall bleibt dem Bauträger stets der Einwand offen, ein hervorgekommener Mangel/Schaden sei von jenem Professionisten verursacht worden, den der Käufer direkt beauftragt hat.