von fall zu fall entschieden
a3BAU Ausgabe 6/2012:
Wer als Rechtsanwalt regelmäßig mit Werksvertragsrecht bzw. Bauprozessen zu tun hat, weiß, dass es keinen gefährlicheren Einwand des beklagten Bauherrn (Werkbestellers) gibt, als den der mangelnden Fälligkeit des Werklohnes.
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Dieser Einwand, der korrekt „Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrages“ heißt, steht dem Werkbesteller nach ständiger Rechtsprechung bis zur vollständigen Verbesserung bestehender Mängel zu. Der Werkbesteller kann - trotz massiver Kritik der Baubranche - den gesamten aushaftenden Werklohn bis zur mangelfreien Erfüllung zurückbehalten (Schikane ausgenommen!). Diese Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrages muss jeden rechtlichen Berater dazu veranlassen, mit dem Klienten im Detail zu besprechen, ob der Bauherr Mängel behauptet und wenn ja, ob die Behauptung des Bauherrn zu Recht erfolgt.
Im ersten, vom OGH entschiedenen Fall, wollte der klagende Werkunternehmer entsprechend dem gerichtlichen Sachverständigengutachten Mängel beheben. Der Bauherr machte die Verbesserung von einem vorangehenden Anerkenntnis, der Bezahlung der vom Bauherrn geltend gemachten Gegenforderungen sowie der Kosten des Verfahrens abhängig. Darüber hinaus forderte er vom Werkunternehmer die Vorlage eines Sanierungsplans samt Überprüfung und Genehmigung durch den Sachverständigen.
Ungerechtfertigte Bedingungen
In seiner Entscheidung führte der OGH aus, dass das Leistungsverweigerungsrecht des Werkbestellers erlösche, wenn er die Verbesserung nicht zulässt oder die Mängelbehebung von einem Drittunternehmen durchführen lässt. Darüber hinaus machte der OGH klar, dass der Einwand der mangelnden Fälligkeit auch bei fehlender nötiger Kooperation zur Bewerkstelligung der Mängelbehebung durch den Verpflichteten wegfällt.
Der OGH strich heraus, dass dem Werkbesteller nirgendwo das Recht eingeräumt sei, auf Art, Umfang und Durchführung der Verbesserung mehr Einfluss zu nehmen, als er es nach dem zugrundeliegenden Vertrag könne. Es steht dem Werkunternehmer frei, die Verbesserung im Einzelnen nach dem eigenen besten Gewissen vorzunehmen, ohne sich hiefür vom Besteller Vorschriften machen lassen zu müssen. Im konkreten Fall, so der OGH, gehe aus den Urteilsfeststellungen der Unterinstanzen nicht hervor, dass der Werkunternehmer nur zu einer ungeeigneten oder unzureichenden Verbesserung bereit gewesen wäre. Vielmehr habe er seine Bereitschaft zur Vornahme der Verbesserungsarbeiten entsprechend dem gerichtlichen Sachverständigengutachten bekundet. Der Beklagte habe aber keinen Verbesserungstermin bekannt gegeben, sondern vielmehr ungerechtfertigte Bedingungen gestellt, in dem er die Durchführung der Verbesserungsarbeiten einerseits von der Zahlung der Gegenforderungen sowie der Kosten des Verfahrens und andererseits von der Vorlage eines Sanierungsverfahrens abhängig gemacht hat. Darauf aufbauend kam der OGH zum Ergebnis, dass die gesetzliche Voraussetzung des Zahlungsanspruches des klagenden Werkunternehmers erfüllt sei und dem Werkunternehmer deshalb der Werklohn zustehe.
Keine Verweigerung
Auch im zweiten, vom OGH beurteilten Fall hat der klagende Werkunternehmer die Mängelbehebung entsprechend dem letzten Gutachten des Gerichtssachverständigen angeboten und einen Termin für die Mängelbehebung avisiert. Den Termin lehnten die beklagten Bauherren mit der Begründung ihrer urlaubsbedingten Abwesenheit ab. In weiterer Folge hat der Werkunternehmer noch zwei Termine vorgeschlagen, die von den Bauherren erneut abgelehnt wurden; dies ua. mit der Begründung, bei der Sanierung anwesend sein zu wollen. In weiterer Folge hat der klagende Werkunternehmer nicht mehr auf die Korrespondenz der Bauherren reagiert, sondern vielmehr zwei Arbeiter zum Haus der Bauherren entsandt. Die Bauherren schickten die Arbeiter unter Verweis auf die bisherige Korrespondenz wieder weg. Im konkreten Fall lag nach Ansicht des OGH dennoch keine endgültige Ablehnung oder Verhinderung der Verbesserung vor, auch wenn sich die Terminkoordination über zwei Monate erstreckt habe und die Bauherren die unangekündigten Arbeiter unter Berufung auf die ausgetauschte Korrespondenz weggeschickt haben. Der OGH begründete seine Entscheidung insbesondere damit, dass das Angebot des Werkunternehmers zur Sanierung der festgestellten Mängel mehr als fünf Jahre nach Beendigung seiner Tätigkeit und Legung der Schlussrechnung erfolgt sei. In diesem Fall sei eine Verschiebung der Verbesserungsarbeiten durch die Bauherren um etwa zwei Monate als vergleichsweise geringfügig zu betrachten. Darüber hinaus sei auch der Wunsch der beklagten Bauherren zu respektieren, nicht nur nähere Auskünfte über Art und Weise der Sanierung zu erlangen, sondern bei dieser auch persönlich anwesend zu sein.
Die beiden Entscheidungen zeigen, dass die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten der Bauherren als Verweigerung der Verbesserung anzusehen ist, nur von Fall zu Fall entschieden werden kann. Der in der Praxis von Bauherrnseite häufig geforderten Vorlage eines Sanierungsplanes hat der OGH zwar eine Absage erteilt; andererseits hat er jedoch betont, dass der Wunsch des Bauherrn, nähere Auskünfte über Art und Weise der Sanierung zu erlangen, legitim sei. Worin der Unterschied zwischen einem Sanierungsplan einerseits und einer näheren Auskünfte über Art und Weise der Sanierung bestehen soll, ist wohl nur schwer zu beurteilen.