fälligkeit des werklohns
a3BAU Ausgabe 9/2012:
Bei Bauprozessen kommt es immer vor, dass der beklagte Bauherr im Prozess einwendet, die eingeklagte Rechnung sei nicht fällig, weil Abrechnungsmängel vorlägen. Dieser Einwand ist für den Bauunternehmer durchaus gefährlich, kann aber ausgehebelt werden.
Auf unserer Website möchten wir Ihnen den Text auch digital zugänglich machen. Für einen Download des Original-Dokumentes klicken Sie bitte auf den "Download-Button".
In einem aktuellen Verfahren war von der Beklagten mit Elektroinstallationsarbeiten beauftragt worden. Die allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten sahen vor, dass die Gesamtleistung in der Schlussrechnung abzurechnen sei. Die Schlussrechnung sei in prüffähiger Form mit den allenfalls dazugehörigen Abrechnungsunterlagen einzureichen.
Im gegenständlichen Fall hat der Werkunternehmer drei Rechnungen gelegt, denen Aufmaßblätter nicht angeschlossen waren, weil sich die Beklagte geweigert hatte, die Baustelle durch Fachleute der Klägerin besichtigen zu lassen, um die Schlussrechnung erstellen zu können. Die Unterinstanzen wiesen die Klage des Werkunternehmers ab. Sie stuften die Rechnungen der Klägerin als Teilrechnungen ein. Sie beriefen sich auf eine Regelung in der ÖNROM B2110, wonach den Teilrechnungen die zur Prüfung notwendigen Unterlagen anzuschließen seien. Die Unterinstanzen kamen zum Ergebnis, dass die Abrechnungen der Klägerin den ÖNORM-Anforderungen nicht entsprachen. Darüber hinaus vertraten sie die Ansicht, dass die erstbeklagte Bauherrin keinerlei vertragliche Verpflichtung habe, ein nachträgliches Betreten der Baustelle zum Zwecke der Rechnungslegung zuzulassen. Selbst wenn eine solche Verpflichtung bestünde, müsse die Klägerin diese zunächst in einem eigenen streitigen Verfahren erzwingen. Insgesamt kamen die Unterinstanzen sohin zum Ergebnis, dass die Rechnungen der klagenden Werkunternehmerin nicht fällig seien.
Neuerliche Entscheidung
Der OGH hob schließlich die Entscheidung des Berufungsgerichtes auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Erstinstanz. In seiner Entscheidung machte der OGH äußerst interessante Ausführungen:
Der OGH ging zunächst davon aus, dass im gegenständlichen Fall ein Einheitspreisvertrag vorlag. In diesem Fall, so der OGH, sei die Höhe des Werklohns vom Aufmaß abhängig. Werde das Aufmaß nicht gemeinsam ermittelt, so habe grundsätzlich der Werkunternehmer den Leistungsumfang nachzuweisen. Im Falle eines Einheitspreisvertrages trete die Fälligkeit des Werklohns im Allgemeinen erst mit der Übermittlung einer detaillierten und nachvollziehbaren Abrechnung ein. In einem derartigen Fall sei die Fälligkeit des Werklohns mit der ordnungsgemäßen Rechnungslegung verknüpft. Solange keine ordnungsgemäße Rechnungslegung gegeben sei, trete die Fälligkeit des Werklohns nicht ein. So weit so gut!
Der OGH verwies im Zusammenhang mit der geltend gemachten mangelnden Fälligkeit der Klagsforderung darauf, dass dieser Einwand dann unbeachtlich sei, wenn der Rechnungslegungspflichtige die Abrechnungsmängel im Zuge des Rechtsstreites über seine Entgeltansprüche behebt. Demgemäß könne also der Werkunternehmer bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz eine Erläuterung und Klärung aller offenen Probleme der Abrechnung vornehmen. Geschehe dies, so sei die Fälligkeit der abgerechneten Leistungen gegeben. Der OGH betonte, dass die Klarstellung der Abrechnungsmängel auch durch die Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens erfolgen könne. Erkläre der Werkunternehmer in diesem Fall, die Verfahrensergebnisse (Ergebnisse des Sachverständigen-Gutachtens) als Grundlage seiner Entgeltsansprüche anzuerkennen, so habe er damit seine Rechnungslegungspflicht erfüllt.
In der zitierten Entscheidung hat der OGH auch auf die Mitwirkungspflicht des Bauherrn zur Behebung von Abrechnungsmängeln hingewiesen. Im gegenständlichen Fall hatte der beklagte Partei offenbar unspezifiziert die mangelnde Fälligkeit der geltend gemachten Rechnungen mit der Begründung behauptet, dass diese den vereinbarten formalen Kriterien nicht entsprochen hätten. Die Rechnungen waren deshalb ungeprüft retourniert worden. Hiezu hat der OGH ausgeführt, dass den Bauherrn in dieser Hinsicht eine Mitwirkungspflicht treffe.
Er dürfe sich nicht einfach auf den Standpunkt zurück ziehen, die Rechnungslegungspflicht sei noch nicht erfüllt, weil die Rechnungslegungsvorschriften nicht eingehalten worden seien.
Vielmehr habe der Bauherr die Abrechnungsfehler und die angeblichen Berechnungsfehler kurz und vollständig darzulegen. Auch die Entscheidung des Berufungsgerichtes, dass der Werkunternehmer die Mitwirkungspflicht des Bauherrn im Rahmen der Rechnungslegung gesondert einzuklagen habe, „overrulete“ der OGH. Er sprach aus, dass der Werkunternehmer keinesfalls gehalten sei, die dargestellte Mitwirkungspflicht des Bauherrn zur Abrechnung der erbrachten Leistungen gesondert gerichtlich geltend zu machen.
Die Konsequenzen
Grundsätzlich ist gemäß ständiger Rechtssprechung davon auszugehen, dass beim Einheitspreisvertrag eine Werklohnforderung nicht fällig ist, wenn der (Schluss) Rechnung kein ordnungsgemäßes Aufmaß beiliegt. Es wird jedoch zweifelsohne Fälle geben, wo der Bauunternehmer nicht in der Lage ist, ein derartiges Aufmaß zu erstellen. In einem derartigen Fall ist Vorsicht geboten, weil die Verjährungsfrist dennoch zu laufen beginnt, wenn der Werkunternehmer erkennen kann, dass der Werkbesteller die Mitwirkung zur Erstellung der Abrechnung endgültig ablehnt. In einem solchen Fall ist der Werkunternehmer gehalten, zur Hintanhaltung der Verjährung der Werklohnansprüche seine Forderung einzuklagen und die Abrechnungsmängel im Prozess zu beheben, allenfalls durch Einholung eines Sachverständigenbeweises.