wertminderung bei gebäuden
a3BAU Ausgabe 3-4/2015:
Bei der Beschädigung von Gebäuden ist es möglich, dass trotz vollständiger Schadensbehebung ein gewisses Misstrauen des (Immobilien-) Marktes zurückbleibt, das letztlich zu einer Wertminderung des Gebäudes führt. Fraglich ist, ob der Gebäudeeigentümer gegen das Bauunternehmen, das mangelhaft geleistet bzw. einen Schaden verursacht hat, einen Anspruch auf Ersatz dieser Wertminderung hat.
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Man kennt die Problematik vorrangig aus dem KFZ-Bereich. Ein neuwertiges Fahrzeug wird bei einem Unfall erheblich beschädigt. Trotz vollständiger Reparatur ist im Fall des Verkaufs des Fahrzeuges nicht jener Verkaufspreis zu erzielen, der ohne den Unfall zu lukrieren wäre. Man spricht in diesem Zusammenhang vom sogenannten „merkantilen Minderwert“.
Seit mehr als 15 Jahren wird auch vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Wertminderung bei Gebäuden bejaht. Äußerst instruktiv ist jener Fall, bei dem es aufgrund unsachgemäßer Grabungsarbeiten des ausführenden Unternehmens zu Hangrutschungen gekommen war. Zwar wurde der Gebäudeschaden vollständig und einwandfrei repariert. Dennoch hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass kein ernsthaftes Hindernis bestehe, eine – vom Immobiliensachverständigen – festgestellte Wertminderung aufgrund der erfolgten Hangrutschung als ersatzfähigen Schaden anzuerkennen. Im Hinblick auf diese Hangrutschung bestehe im Verkaufsfall ein Misstrauen potentieller Käufer, die nicht bereit sind, den selben Kaufpreis für die Liegenschaft zu bezahlen, wie er ohne das schädigende Ereignis (unsachgemäße Grabungsarbeiten) geleistet worden wäre.
Minderung des Verkehrswertes
Der Oberste Gerichtshof spricht in diesem Zusammenhang von einem irrationalen, lediglich auf einer gefühlsmäßigen Abneigung des Kaufpublikums beruhenden Marktverhalten, das seine Ursache in der Befürchtung hat, es könnten trotz Schadensbehebung doch noch verborgene Mängel vorhanden sein oder künftige Schäden entstehen. Dieses Marktverhalten führe, so der OGH, zu einer Minderung des Verkehrswertes der beschädigten Sache. Weitere Fälle, die den OGH beschäftigt haben, waren ein aufgrund einer Minderbewehrung fehlerhaft gebautes Haus, entsprechende Beschädigungen aufgrund eines Rohrplatzers bzw. eines unfachgemäßen Tunnelbaus.
Voraussetzung für eine merkantile Wertminderung ist, dass die Beschädigung der Sache nicht unwesentlich ist
Demgemäß scheiden ganz geringfügige oder unerhebliche Schäden/Mängel aus. In Deutschland wird etwa die Ansicht vertreten, dass ein solcher „Bagatellschaden“ vorliegt, wenn die Reparaturkosten weniger als 10 % des Wiederbeschaffungswertes (Marktpreis vor Schadenseintritt) ausmachen. Nach der Rechtsprechung kann die Höhe der merkantilen Wertminderung bis zu 20 % des Verkehrswerts der Liegenschaft erreichen.
In der gerichtlichen Praxis wird der merkantile Minderwert in der Regel von einem Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Liegenschaftsbewertung ermittelt. Die Höhe der merkantilen Wertminderung hängt vorwiegend von drei Faktoren ab:
- Von der Höhe der Reparaturkosten: Je höher die Reparaturkosten sind, desto höher wird auch die merkantile Wertminderung ausfallen.
- Von der Zeit, die seit der Reparatur verstrichen ist. Das Misstrauen des Marktes schwindet, je länger das Gebäude seit der Reparatur schadensfrei geblieben ist.
- Vom Alter des Hauses. Je jünger das Haus ist, desto höher fällt der merkantile Minderwert aus.
In der Praxis ist der merkantile Minderwert streng von der technischen Wertminderung zu unterscheiden. Der merkantile Minderwert beruht auf der Annahme, dass ein Gebäude nach einem Schadenseintritt trotz vollständiger und einwandfreier Reparatur vom Markt geringer bewertet wird. Davon zu unterscheiden ist der technische Minderwert eines Gebäudes, der aus dem nicht vollständig sanierten Zustand resultiert. Dermaßen judiziert vom Obersten Gerichtshof in der ersten einschlägigen Entscheidung zur Thematik. Streitgegenständlich war ein Baumangel, der in der fehlerhaften Statik des Architekten wurzelte. Dieser Baumangel war mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln nicht zu sanieren. Der Oberste Gerichtshof hat völlig zutreffend darauf hingewiesen, dass in Wahrheit kein Problem des merkantilen Minderwerts vorlag, sondern einer technischen Wertminderung (aufgrund eines unbehebbaren Mangels).
Fazit:
Wenn ein Gebäude, insbesondere dann, wenn es neu errichtet wurde, mit erheblichen Baumängeln behaftet ist, dann ist das Bauunternehmen nicht nur einem teuren Mangelbehebungsaufwand ausgesetzt, sondern auch dem Anspruch des Eigentümers auf Ersatz des merkantilen Minderwerts, und zwar trotz vollständiger Mangelbehebung!