gewöhnliche geschäfte inklusive
a3BAU Ausgabe 10/2016:
In einer aktuellen Entscheidung hatte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit dem Umfang einer Handlungsvollmacht eines Mitarbeiters eines Bauunternehmens zu beschäftigen. Die Entscheidung ist von hohem praktischen Interesse, weil von Werkunternehmen in der Praxis immer wieder der Einwand kommt, dass ihr Mitarbeiter zum Abschluss dieses oder jenes Geschäftes oder zum Erteilen einer bestimmten Zusage gar nicht befugt gewesen sei.
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Gemäß dem der OGH-Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt erbrachte die beklagte Partei (AN) Leistungen für den Kläger (AG) im Zuge eines Stallbaus. Konkreter Auftragsinhalt war die Glättung eines Futtertisches mit einer monolithischen Bodenplatte in mehreren Arbeitsgängen und die Einglättung einer Verschleißschichte. Ein Mitarbeiter der beklagten Partei sicherte dem Kläger im Zuge der Vertragsverhandlungen die Öl- und Salzbeständigkeit des behandelten Betons zu. Nachträglich stellte sich heraus, dass der Beton diese Eigenschaft nicht aufwies.
Der Mitarbeiter der beklagten Partei ist grundsätzlich befugt, kleine Aufträge bis etwa € 3.000,-- abzuschließen. Im gegenständlichen Fall fakturierte die Beklagte für die beauftragten Estricharbeiten € 1.458,-- brutto. Hingegen begehrte der Kläger an Kosten für die Sanierung/Verbesserung einen Betrag von € 7.000,--. Die Beklagte wendete ua ein, dass ihr Mitarbeiter ohne Vertretungsmacht gehandelt habe und nicht befugt gewesen sei, die Öl- und Salzbeständigkeit zuzusichern. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und wies das Klagebegehren ab.
In seiner Entscheidung machte der OGH grundsätzliche Ausführungen zur Handlungsvollmacht. Diese erstrecke sich auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Unternehmens oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringe. Für das Kriterium der Gewöhnlichkeit seien nicht die konkreten Verhältnisse im betreffenden Unternehmen maßgeblich; es komme vielmehr darauf an, ob derartige Geschäfte in einem Unternehmen, wie es der Unternehmer betreibt, gewöhnlich vorkommen. Ein ungewöhnliches Geschäft liege vor, wenn mit Rücksicht auf die Verhältnisse des Unternehmens ungewöhnlich große Verpflichtungen eingegangen oder besondere Bedingungen gewährt werden, die nicht branchenüblich sind.
Weiters müssten die mit dem Geschäft verbundenen Risiken und die Folgen allenfalls auftretender Hindernisse in Betracht gezogen werden.
Selbst dann, wenn ein Geschäft oder eine Rechtshandlung der Art nach zwar in den Vollmachtsrahmen falle, könne das einzelne Geschäft dennoch wegen seiner Eigenart, wie etwa seiner besonderen Tragweite, des spekulativen Einschlags udgl. durch die Vollmacht nicht gedeckt sein.
Auf Basis dieser theoretischen Ausführungen kam der OGH schließlich zum Ergebnis, dass die verfahrensgegenständliche Vereinbarung nicht als ungewöhnlich anzusehen sei. Die Zusage des Mitarbeiters der Beklagten, dass der Betonboden nach der Bearbeitung öl- und salzbeständig sei, sei einerseits im Betrieb des Bauunternehmens branchenüblich, andererseits im Rahmen eines Werkvertrages über eine solche Bauleistung üblich.
Für den klagenden Auftraggeber habe die Ausführungsart keine wesentliche Bedeutung; vielmehr bestehe bei lebensnahem und redlichem Verständnis der vertraglichen Absprache der geschuldete Erfolg in der vereinbarten Funktionalität. Die bloße Glättung des Futtertisches wäre ohne die vereinbarte Gebrauchstauglichkeit von keinem erkennbaren Nutzen. Dies sei auch dem Mitarbeiter des Bauunternehmens erkennbar gewesen.
Der OGH sprach deshalb dem Kläger die geltend gemachte Forderung zu. In diesem Zusammenhang verwies er ausdrücklich auch darauf, dass tatsächliche Verbesserungsaufwendungen den Wert des Wertes übersteigen können. Damit sprach der OGH einen ganz wesentlichen Aspekt, der in Bauprozessen immer wieder vorkommt, an. Häufig wird dort vom beklagten Bauunternehmen der Einwand vorgebracht, dass die Sanierungskosten deshalb überhöht seien, weil sie den Auftragswert übersteigen würden.
Dieser Einwand, dem der OGH in der besprochenen Entscheidung eine Absage erteilte, übersieht, dass im Rahmen von Sanierungen häufig kostspielige Demontagearbeiten anfallen. Darüber hinaus sind Sanierungen häufig schon deshalb teurer, weil Unternehmen, die Sanierungen anbieten, bei ihren Preisen - nicht zu Unrecht - einen „Gefahrenzuschlag“ verrechnen. Wer greift schon gerne in das Gewerk eines Drittunternehmers ein? Schließlich besteht bei Sanierungen häufig ein gewisser Zeitdruck, der ebenfalls zu einer Verteuerung der Einheitspreise führt.