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Baurechtsnewsletter II zur aktuellen Corona-Situation

Sphärentheorie ABGB vs. ÖNORM B 2110, B 2118

Die aktuelle COVID-19-Pandemie ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Fall höherer Gewalt. Gemäß der im Werkvertragsrecht herrschenden Sphärentheorie ist ein Fall höherer Gewalt der sogenannten neutralen Sphäre zuzuordnen. Welche Konsequenzen das hat, hängt vom individuellen Werkvertrag ab.


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Newsletter II zur aktuellen Corona-Situation: Sphärentheorie ABGB vs. ÖNORM B 2110, B 2118
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Wenn die Vertragsparteien des Werkvertrages weder die ÖNORM B 2110 noch die ÖNORM B 2118 vereinbart haben, dann kommen die gesetzlichen Bestimmungen zur Anwendung (ABGB). Nach dem ABGB trägt der AN das Risiko aus Störungen der Leistungserbringung. Gemeint sind damit sämtliche Hindernisse und Erschwernisse, die auf die Ausführung der Bauleistung einen Einfluss haben. Dies bedeutet, dass der AN aus Leistungsstörungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie weder Mehrkosten geltend machen noch eine Erstreckung der Leistungsfrist beantragen kann. 

 

Anders, wenn die Vertragsparteien die Geltung der ÖNORM B 2110 (B 2118) vereinbart haben: Zu beachten ist, dass die ÖNORM B 2110 (B 2118) nicht automatisch gilt. Sie muss vielmehr zwischen den Vertragsparteien – wenigstens stillschweigend – vereinbart werden. Gemäß Punkt 7.2.1. ÖNORM B 2110 trägt der AG die Gefahr, dass das leistungsstörende Ereignis die vertragsgemäße Ausführung der Leistung objektiv unmöglich macht oder zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht vorhersehbar war und vom AN nicht in zumutbarer Weise abwendbar ist. 

 

Nach der ÖNORM B 2110 (B 2118) trägt sohin das Risiko von Leistungsstörungen (Hindernisse, Erschwernisse,...) der AG. Dies bedeutet, dass der AN berechtigt ist, eine Erstreckung der Leistungsfrist zu beantragen und Mehrkosten zu fordern. Zu beachten ist, dass die ÖNORM dem AN in diesem Fall bestimmte Mitteilungs- und Anmeldepflichten aufbürdet. Der AN ist verpflichtet, den AG ehestens zu informieren, wenn er erkennt, dass eine Störung der Leistungserbringung droht. Darüber hinaus ist er verpflichtet, den Anspruch auf Anpassung der Leistungsfrist und / oder des Entgeltes (Mehrkostenforderung!) dem Grunde nach ehestens nachweislich anzumelden.

 

Ungeachtet der konkreten Vertragslage ist der AG in der Regel nicht zu einem Pönalanspruch berechtigt, sollte es zu einer Bauzeitverzögerung kommen. Eine Pönale ist ein pauschalierter Schadenersatz, der ein entsprechendes Verschulden beim AN voraussetzt. Da die COVID-19-Pandemie einen Fall höherer Gewalt darstellt, fehlt es am Verschulden des AN. 

 

ACHTUNG :

 

Wenn dem Werkvertrag die oben angeführten ÖNORMEN zu Grunde liegen, bedeutet dies nicht, dass aufgrund der vorherrschenden Corona-Situation die Baustelle jedenfalls eingestellt werden darf. Dies ist nur dann der Fall, wenn tatsächlich die geschuldete Werkleistung aufgrund der Corona-Pandemie zur Gänze nicht erbracht/fortgesetzt werden kann, sohin die gesamte Werkleistung unmöglich wird. Sollte lediglich ein Teilbereich der Baustelle betroffen sein (also z.B. nur hinsichtlich eines Teilgewerks die Einhaltung des 1-m-Abstandes nicht möglich sein), muss geprüft werden, ob davon tatsächlich die gesamte Baustelle betroffen ist, oder aber eine Teileinstellung ausreicht.